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Mein Körper ist mein Haus - Wie funktioniert Selbstregulation?

Michel, Ingenieur, 38 Jahre alt, steht vor seinem Vater und fühlt sich auf sein Reptiliengehirn reduziert. Gerade wollte er noch erklären, dass er nicht immer wieder Vorwürfe von ihm hören möchte, dass ihn das nicht weiterbringt und, dass er sich mehr Ermutigung von ihm wünscht. Aber jetzt, als er ihm gegenüber steht, seinen Gesichtsausdruck sieht, da ist sein Kopf plötzlich komplett leer und er fühlt sich wieder wie ein kleiner Junge.

Kennst du das? Gerade hattest du noch ein Vorhaben, warst fest entschlossen jetzt diesen oder jenen Schritt zu tun und plötzlich ist alles weg. Nur noch Nebel im Kopf.

Körperempfindungen als Basis

Wenn solche Situationen in einer Therapiestunde auftauchen, frage ich meist zuerst nach den Körperempfindungen. Oft ist es so, dass der eigene Körper in diesen Situationen nicht wahrgenommen wird, sich taub anfühlt. Wir stehen mit den Füßen gar nicht mehr auf dem Boden, oder die Beine rutschen aus der Wahrnehmung. Es kann auch sein, dass sich Körperteile so anfühlen, als wären sie kilometerweit entfernt. Bei extremem Schrecken kann es auch passieren, dass wir uns in der Wahrnehmung komplett aus dem eigenen Körper schießen und uns selbst von oben sehen.

Dann hat eine wichtige Schutzfunktion in uns eingesetzt. Wir spalten uns in der Wahrnehmung von uns selber ab. Das geschieht ohne intellektuelle Entscheidung. Das ist eine instinktive Überlebensreaktion. Und so gesehen erst einmal eine Ressource, die wir haben.

Ein Schrecken oder Trauma, kann uns vom Körper abschneiden

Fast alle von uns kennen Schreckmomente und tragen diese im Körper. Wir haben sie inkorporiert, verkörpert. Sie sind uns zu Eigen geworden. Aber nicht immer ist uns das bewusst. Wir lernen damit zu leben, dass wir uns nicht vollkommen spüren.

Dabei gehen uns wertvolle Informationen verloren. Unser Körper ist eine wesentliche Quelle für Informationen über uns. Wie will ich wissen was ich brauche, wenn ich meinen Körper, der über alle Möglichkeiten verfügt, über alle Messinstrumente, nicht hören kann.

Die Aufgabe des Stammhirns

Der älteste Teil unseres Gehirns, das Stammhirn, auch als Reptiliengehirn bezeichnet, empfängt und reguliert unablässig all unsere überlebenssichernden Körperfunktionen. Es empfängt Informationen über Blutdruck und Blutzuckerspiegel, scannt die Aktivität autonom regulierter Organe, wie Herz, Lunge, Magendarmkanal und wird informiert über unsere Muskelspannung, Lage im Raum und vieles mehr. Und übernimmt, ggf. auch das Kommando, wenn sich etwas für uns sehr gefährlich anfühlt.

Die Informationen, die wir aus unserem Körper bekommen sind die Basis für unser Wohlbefinden. Und doch haben wir verlernt sie zu lesen und zu beachten oder wir sind durch einen Schrecken plötzlich davon abgeschnitten.

Rückkehr zur Selbstregulation

Wenn wir also zu Michel zurückkehren, dann könnte es ihm helfen, wenn er sich zunächst wieder auf seine Körperempfindungen besinnt und so körperlich Kontakt mit sich selber aufnimmt. Im Idealfall kehrt er mit seiner Wahrnehmung wieder in seinen Körper zurück und spürt sich wieder besser: Wie stehen meine Füße auf dem Boden? Kann ich fühlen, wie mich der Boden trägt? Darf mein Atem frei laufen? Das könnten Fragen sein, die Michel helfen, wieder besser in sich selber zu landen.

Ausgehend davon kann er sich nun fragen, welche Emotionen er hat. Vielleicht beginnt er dann etwas wie z.B. Wut in sich zu spüren. Diese Wut könnte ihn dabei unterstützen auf seinen Vater zu reagieren. Er könnte etwas sagen wie: Ich höre deine Meinung, Papa. Und meine Meinung dazu ist eine andere. Ich wünsche mir, dass du mich in meiner Meinung respektierst. Wenn du mir etwas Gutes tun willst, dann bestärke mich in meinen Anliegen.

Den eigenen Körper bewohnen

Der Rückbezug auf den Körper ermöglicht es, uns zu regulieren, zu beruhigen, unsere Gefühle klarer zu erkennen und entsprechend zu handeln. Der Körper ist unser Haus, unsere Homebase und essenziell wichtig für die Selbstregulationsfähigkeit unseres Organismus.

Schenke deinem Körper die Aufmerksamkeit die ihm gebührt. Und vielleicht gelingt es auch statt „ich habe einen Körper“ zu denken, zu spüren und zu fühlen: „Ich bin ein Körper.“

Wie wirkt der Satz auf dich? Was löst er in dir aus? Ich bin gespannt auf deinen Kommentar. 

Wenn du Lust hast dich bei deiner Suche nach neuer Verbindung zu deinem Körper unterstützen zu lassen, dann nimm Kontakt zu mir auf.

 


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Dipl. Päd. Anne Schricker
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